Marokko

Die erste Seite des Hohen Atlas
 Der Weg wird immer mühsamer als der Weg seine Richtung wechselt und nun direkt auf die schneebedeckten berge zusteuert. Erst Mittags erreiche ich den ersten Pass. Dahinter wartet ein atemberaubender Ausblick auf das innere des Hohen Atlas. Tiefe Täler reißen klaffende erdfarbene Furchen zwischen die strahlend weißen weißen Gipfel. An mir zieht eine kleine Gruppe Halbnomaden vorbei. Bereits jetzt habe ich einen halben Tag Rückstand auf meinen Zeitplan. Auch hinunter geht es oft nur im Schritttempo. Immer wieder reißt das Schmelzwasser klaffende Risse in den Boden oder der Zahn der Zeit lässt den Weg verschwinden. Ganze 16 km komme ich an diesem Tag. Als sich kurz vor der Dämmerung wieder einmal ein Schmelzwasserkrater vor mir auftut gebe ich auf. Ich lade mein Rad ab und errichte genau dort mein Nachtlager.


Kurz darauf fällt mein Blick auf einen dunkel gekleideten Mann der den steilen Anstieg aus dem Tal herauf zu mir nimmt. Oben angekommen begrüßen mich der Turbanträger herzlich, beinahe überschwänglich. Seine dunklen Augen betrachten mich durchdringend mit zusammengekniffenen Brauen. Mit kräftiger Stimme befiehlt er „A la maison!“. Dabei deutet er hinunter zu den beiden Lehmhütten weit unten im Tal. Für mich ist es aber zu spät. Ich bin am Ende meiner Kräfte und hier bereits eingezogen. Ich lehne seine Angebot dankend ab, worauf hin er seine Aufforderung durch mehrfache Wiederholung Nachdruck verleiht. Irgendwann gibt er schulterzuckend auf und verabschiedet sich. Ich bleibe allein zurück während wieder einmal die Kälte herein bricht. Auf die blutrote Abenddämmerung folgt eine pechschwarze mondlose Nacht. Am nächsten Morgen machen sich die anstrengenden Tage in meinen Beinen und Schultern bemerkbar. Mein Zelt ist von einer dicken Frostschicht überzogen. Die Luft ist kalt und klar. Nur langsam komme ich in Fahrt und auch dann weiter nur mühsam. Eine Stunde lang holpere ich langsam weiter ins Tal um letztlich doch im Haus des alten Berbers und seiner Tochter zu landen. Schnell wird Tee bereitet und ein bescheidenes Stück vom kostbaren Brot heruntergebrochen.
Das kräftige Mädchen belädt gerade ein Pferd mit frisch geschorener Wolle um es in die nächstgelegene Spinnerei zu bringen. Zuvor aber zeigt sie mir schüchtern aber erwartungsfroh ihre bunten handgewebten Pullover und Taschen zeigen. Um ihr etwas davon abzukaufen fehlt mir das Geld und der Platz, vor allem aber das Interesse. Statt dessen überlasse ich ihr einige bunte Schuhmacherfäden aus meinem Fundus. Beide prüfen das Gastgeschenk genau und befinden es einstimmig als gut. Anschließend verabschieden wir uns und jeder geht seiner Weg. Der Berber klettert die Hänge im Osten hinauf um nach seinen Schafen zu sehen, das Mädchen treibt das Pferd in Richtung Norden und ich setze meine Fahrt nach Süden fort. Nun bin ich also endlich angekommen im Hohen Atlas und in dem Abenteuer das ich seit nun mehr 8.000 km suche.